100 Jahre Spielkumpanei

Über die Berliner Spielkumpanei der Oberuferer Weihnachtspiele

In den Fünfzigerjahren des 19. Jahrhunderts hatte Karl Julius Schröer die Weihnachtsspiele in dem abgelegenen Orte Oberufer auf einer Donauinsel bei Pressburg kennen gelernt. Diese Spiele waren von ihm 1858 in dem Buche „Deutsche Weihnachtspiele aus Ungern“, Verlag Keck und Compagnie, Wien geschildert und mitgeteilt worden.

Rudolf Steiner begegnete während seines Studiums in Wien dem dort als Professor für Literaturgeschichte wirkenden Karl Julius Schröer und erfuhr von ihm 1882 in persönlichem Gespräch ausführlich von den Weihnachtsspielen.

1910 fand sich dann erstmalig eine Spielkumpanei zusammen, die unter der Leitung von Dr. Rudolf Steiner in Berlin die Spiele einstudierte und aufführte. Seitdem wurden sie aus anthroposophischen Zusammenhängen, getreu der Überlieferung, jedes Jahr gespielt und sehr bald auch an anderen Orten über den deutschsprachigen Raum hinaus aufgeführt.

Nach einer zeitbedingten Unterbrechung brachten 1945 Wilhelm Selling (Mitspieler der Aufführung von 1910) und Karin Flack-Selling mit jüngeren Freunden das Oberuferer Christgeburtsspiel erstmalig wieder öffentlich in Berlin zur Aufführung. Durch Hinzutreten weiterer Freunde und früherer Mitspieler konnten dann ab 1946 auch das Paradeisspiel und das Dreikönigsspiel alljährlich wieder öffentlich aufgeführt werden.

In den seither vergangenen mehr als sechzig Jahren fanden sich immer wieder weitere Menschen, die sich für die Arbeit bei der Einstudierung und Aufführung der Spiele zur Verfügung stellten. Diese Menschen kamen und kommen aus den verschiedensten Lebens- und Glaubenszusammenhängen. Entscheidend für den Entschluss zum Mitwirken in den Spielen ist für alle die positive Einstellung zu den Inhalten, die in den Spielen zu sehen und zu hören sind. Diese ursprünglichen Inhalte, deren Darstellung zurückweist bis in die Zeit des Beginns der Volksschauspiele, möchte die Berliner Spielkumpanei im Sinne einer guten Tradition lebendig erhalten. Dazu ist es notwendig immer wieder Menschen zu finden, die diesen Impuls mittragen.

Am 05 Dezember 2009 feierte die Berliner Spielkumpanei der Oberuferer Weihnachtspiele in einer öffentlichen Tagung ihre hundertste Spielzeit im Rudolf Steiner Haus. Eine Ausstellung alter Dokumente und Bilder gaben Einblicke in die Arbeit der Kumpanei vor und während des 1. Weltkrieges, in der Zwischenzeit und der Wiederaufführung nach dem 2. Weltkrieg im zerstörten Berlin. Die Teilung der Stadt – Mauerbau – teilte auch die Spielkumpanei aber es gab Kontakte, die bis zur Wiedervereinigung aufrecht erhalten worden sind.